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Musikstudenten auf dem Dirigentenpodest

Dominique Civilotti, der musikalische Leiter des MBOs, konnte sich an diesem Abend zurücklehnen und das Orchester am Schlagwerk unterstützen (Foto: MBO)
Dominique Civilotti, der musikalische Leiter des MBOs, konnte sich an diesem Abend zurücklehnen und das Orchester am Schlagwerk unterstützen (Foto: MBO)

Dominique Civilotti, der musikalische Leiter des MBOs, stellte uneingeschränkt „sein“ Orchester zur Verfügung, das den gesamten Abend als Studienobjekt für den Dirigenten-Nachwuchs fungierte. Der musikalische Hintergrund der Gast-Dirigenten war sehr vielfältig. Das Spektrum zog sich von Jazz-Schlagzeuger im höheren Semester über angehende Musiklehrkräfte oder künftige Sängerinnen und Posaunisten. Allen gemeinsam jedoch war ihre Motivation, endlich vor einem „richtigen“, lebendigen Orchester zu stehen. Denn während des Semesters gestaltet sich das Dirigieren lernen eher trocken: in wöchentlichen Kleingruppen mit technischen Übungen zur Dirigiermotorik mit höchstens dem eigenen Spiegelbild als Gegenüber. So unterrichtet Scholl, akademischer Mitarbeiter der MuHo, entweder im Hauptfach „Blasorchesterleitung“ oder Nebenfach „Ensemblearbeit“.


Die Musikstudenten hatten sich eingehend vorbereitet. Die meisten wählten den „St. Thoms Choral“, ein getragenes Stück, das mit einer Fermate beginnt und dann von leisen Klängen zu einem grandiosen Höhepunkt zurück in eine andächtige Stille geführt werden muss. Zwei weitere Stücke aus dem Programm der vergangenen MBO-Adventskonzerte standen für die beiden Hauptfachstudenten zur Wahl. Einzeln traten sie ans Dirigentenpult vor das Orchester. Mindestens dreißig aufmerksame Augenpaare der Musiker und der nicht zu kritische Blick ihres Dozenten waren auf sie gerichtet. 

Toni Scholl (rechts) zeigte Gesangsstudentin Pauline (links) die entspannte Handhaltung am Taktstock (Foto: MBO)
Toni Scholl (rechts) zeigte Gesangsstudentin Pauline (links) die entspannte Handhaltung am Taktstock (Foto: MBO)

Da galt es Haltung zu zeigen und Ruhe zu bewahren. In den circa zehnminütigen Probeeinheiten schenkte Scholl jedem seiner Studenten seine Aufmerksamkeit und gab persönliche Tipps und Handreichungen zum Dirigat. Dabei kamen auch ungewöhnliche Methoden zum Einsatz. So sollte die Studentin Pauline ihre Arme auf dem Rücken verschränken. Dank Körpersprache, Gesichtsausdruck und akzentuierter Atmung gelang es ihr auch ohne Fingerzeig, das Orchester durch das Stück zu führen. Auch für das MBO eine tolle neue Herausforderung, die es zu meistern galt.


Musikhochschul-Dozent Toni Scholl (rechts) unterstützt seinen Studenten Christoph (links) beim Halten des getragenen Tempos (Foto: MBO)
Musikhochschul-Dozent Toni Scholl (rechts) unterstützt seinen Studenten Christoph (links) beim Halten des getragenen Tempos (Foto: MBO)

„Du verwöhnst das Orchester zu sehr!“ kommentierte anschließend Scholl seinen Hauptfachstudenten Alexander. „Geh‘ nicht so sehr auf Sicherheit, mehr Gefühl.“ Daraufhin änderte sich der Dirigierstil des angesprochenen so, dass seine Gesten feiner wurden, und das Orchester konzentriert bei der Sache war und dadurch besser die angezeigte Dynamik befolgte. Auf Nachlässigkeiten, wie schwammige oder zu große Gestik, reagierte das Orchester unmittelbar und wurde zu laut.


Valentin führte das MBO durch das sinfonische Stück „Momentum“ von Thomas Doss (Foto: MBO)
Valentin führte das MBO durch das sinfonische Stück „Momentum“ von Thomas Doss (Foto: MBO)

Scholl regte während des Probedirigates immer wieder das richtige, aufrechte und gleichzeitig lockere Stehen an. Wichtig für Dirigenten wie Musiker sei der gegenseitige Blickkontakt, um gemeinsam die Musik zu gestalten. Daher müssen beide Seiten die Noten gut vorbereiten. Eine musikalische Führungskraft muss mit Ausdruck überzeugen und sich die Wirkung ihrer Gebärden bewusst machen. Immer zum Orchester hin und niemals – auch nur unbewusst – zurückweichen. „Nicht zu groß in den Bewegungen, lieber sparsam – so erhaltet ihr die ganze Aufmerksamkeit der Musiker“.

Das MBO stand für eine gesamte  Probe sieben Studenten der Musikhochschule Mannheim (1. Reihe) als Studienobjekt zur Verfügung. Toni Scholl (2. Reihe rechter Bildrand) begleitete die Dirigierprobe professionell (Foto: Sabine Köstlmaier)
Das MBO stand für eine gesamte Probe sieben Studenten der Musikhochschule Mannheim (1. Reihe) als Studienobjekt zur Verfügung. Toni Scholl (2. Reihe rechter Bildrand) begleitete die Dirigierprobe professionell (Foto: Sabine Köstlmaier)

Auch die MBO- Musiker nehmen nach dieser Probe prägende Erfahrungen mit nach Hause. Andere Dirigier-Stile kennenlernen oder aufmerksam Körpersignale wahrnehmen, sind immer wichtig beim gemeinsamen Musizieren. Und dass bei einem Blasorchester die richtige, gemeinsame Atmung VOR dem ersten Ton den Beginn eines Stückes entscheidend beeinflusst, dieser Gedanke kann nicht oft genug aufgefrischt werden.

Das MBO freut sich auf zukünftige Besuche der MuHo Mannheim. Mit diesen positiven Eindrücken startet das MBO in ein ereignisreiches Jahr mit einem ausgefüllten Probenplan und viel Elan, um dann am Samstag, den 15. Juni 2019 im Bürgerhaus Oppau ein fulminantes Jahreskonzert unter dem Motto „Aus der Unterwelt ins Himmelreich“ zu geben.

Text: Kerstin Appenzeller